Ein Parkticket, ein Lächeln, ein Gespräch – was wirklich zählt

Gastauthor

von Markus Milz

18.04.2025

1745241012634

Letzte Woche – beruflicher Termin in Schottland.


Die Maschine landet in Edinburgh 30 Minuten VOR der Zeit.


Während ich 2 Minuten an der Grenzkontrolle warte, sehe ich, dass die Koffer derjenigen, die mit Gepäck reisen, bereits da sind. Ich schiebe meinen Pass in den elektronischen Scan, die Tür geht auf – und 15 Minuten nachdem die Maschine auf der Landebahn aufgesetzt hat, stehe ich bereits in der Mietwagenstation im Terminal.


Während ich noch überlege, wen genau am Counter ich ansprechen soll, spricht mich bereits eine freundliche Dame des Verleihers an, fragt mich nach meiner Reservierungsnummer, meinem Führerschein, meiner Kreditkarte. Ich gebe ihr die Dokumente und wir plaudern 5 Minuten. Sie fragt mich, wo ich herkomme, ich erfahre, dass sie ein Jahr in Deutschland gelebt hat, Köln kennt und toll findet, sie Deutsch versteht. Sie gibt mir ein Upgrade, wünscht mir eine gute Reise – 5 Minuten später sitze ich im Auto.


Nach 45 Minuten Fahrt bin ich in Glasgow, checke in meinem Hotel ein. Sofort ist ein freundlicher Mitarbeiter zur Stelle, plaudert lächelnd mit mir, schenkt mir Fudge und eine Flasche Wasser – und schafft es irgendwie trotz gleichzeitigem Einchecken fast die ganze Zeit Augenkontakt zu mir zu halten.


Ich habe noch ein wenig Zeit – mein Termin ist erst am nächsten Tag. Ich mache einen Ausflug, parke. Während ich vor dem Parkscheinautomaten stehe und versuche diesen zu verstehen kommt ein Wegfahrender auf mich zu, drückt mir sein Parkticket in die Hand und sagt „nehmen Sie das hier – es hat noch 3 Stunden Gültigkeit“.


Nach meiner Wanderung stehe ich vor einer öffentlichen Toilette, krame nach einem Pfundstück, um es einzuwerfen und die Tür zu öffnen. Derjenige, der aus der Türe herauskommt hält sie mir offen.


Während meines Kurztrips beobachte ich meine Umgebung aufmerksam. Überall riesige Kinderspielplätze in einem Top-Zustand, überall Menschen, die arbeiten, Kaugummis im Park vom Boden kratzen, freundlich und hilfsbereit sind.


Zwei Tage später - zurück in Deutschland – ich gebe ein Training für junge Führungskräfte.


Zwei Teilnehmer sind nicht erschienen, weil sie keine Kinderbetreuung fanden.


Wir reden über Themen wie „Kommunikation“, „Gesprächsführung“, „Führung remote“. Ich frage meine Teilnehmer, wie sie es schaffen, via Teams die Beziehungspflege zu ihren Kunden und Mitarbeitern zu halten. Verwirrte Augen schauen mich an. Was genau ich meine mit „Beziehungspflege“ kommt als Frage.


„Naja“, sage ich, „wie schafft ihr es – neben dem „fachlichen ZDF - den Zahlen, Daten und Fakten, die es zu klären gilt – via Teams euch eurem Gegenüber zu widmen? Gibt es auf euren Bildschirmen persönliche Dinge die ihr seht, die ihr ansprecht oder ähnliches?“


„Bildschirm? Unsere Gesprächspartner machen ihren Bildschirm nicht an – ich dann auch nicht. Wir haben ein Thema zu klären, darum geht es. Ich versteh nicht was du meinst.“


Und ich verstehe nicht, wann genau wir unsere Menschlichkeit und Werte gleichzeitig verloren haben.