Obstkorb und Employer Branding

Gastauthor

von Markus Milz

14.10.2023

Obstkorb

„Brauchen wir den Kicker eigentlich noch? Oder die Loungeräume mit den chilligen Sesseln? Was ist mit der Currywurst in der Kantine?“

 

So begann vor einem guten Jahr eine Diskussion bei einem Kunden - ein Teilbereich eines DAX-Konzerns - die ich zufällig mitbekam, weil ich mit dem Personalleiter über das Aufsetzen eines Führungskräftetrainings und Sales Programms sprach.


Es ging um die Themen #newwork, um die Frage „wie kriegen wir die Leute wieder ins Büro?“ (siehe hierzu auch meinen Betrag von letzter Woche

https://lnkd.in/e3sUUgJz ), „was will die GenZ eigentlich?“ und „was tun wir in Sachen Employer Branding?“


Wie es in Konzernen üblich ist, wenn „die Leute mitgenommen werden müssen“ und niemand es wagt, alleine Entscheidungen zu treffen – man gründete eine Kommission. Betriebsrat, Personalabteilung, einige Fachabteilungen – es wurden acht Mitarbeiter benannt, deren Aufgabe es war, eine Liste an Maßnahmen zu erarbeiten, um die oben genannten Fragen zu beantworten.


Die Kommission brauchte drei Monate, in denen sie zigmal tagte, um schließlich stolz ein 20-seitiges Maßnahmenpapier zu präsentieren. Eine der vielen Maßnahmen war der berühmte Obstkorb.


Weitere drei Monate später war es dann schließlich so weit: In allen Abteilungen und auf allen Etagen wurde Montags ein frischer Obstkorb aufgestellt.


Etwa vier Wochen später gingen die ersten Beschwerden ein. Der Obstkorb enthalte „das falsche Obst“, die Nachfrage war überschaubar: Äpfel und Bananen „gingen nicht gut“ – man forderte „schmackhafteres Obst“ wie Maracuja, Physalis und Mango, um den Obstkorb für die Belegschaft attraktiver zu gestalten.


Die Kommission kam daraufhin erneut zusammen, um darüber zu beraten, ob diese Art exotischer Früchte nicht dem Nachhaltigkeitsgedanken des Unternehmens widerspreche – und ob das Budget für die Mehrkosten überhaupt vorhanden war. Die Kommission entschied positiv – der Obstkorb wurde aufgestockt.


Ein Monat später neue Beschwerden: „Das leckere und teure Obst sei bereits wenige Stunden nach Aufstellen des Korbs vergriffen, nur heimisches Obst bliebe liegen – der Turnus müsse erhöht werden!“


Und wieder kam die Kommission zusammen – und der Turnus wurde auf zweimal wöchentlich erhöht.


Erneute Beschwerden, insbesondere von Teilzeit- und Schichtarbeitern: Zweimal pro Woche - und vor allem die Aufstellungszeitpunkte - reichten immer noch nicht aus vor dem Hintergrund des „schnell Vergriffenseins attraktiven Obstes“, wenn man nicht „am richtigen Tage und in der richtigen Schicht arbeite“.


Gestern saß ich wieder mit dem Personalleiter zusammen. Der Obstkorb wurde wieder abgeschafft!